Archiv Rehasport
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Sport hilft der Seele
Reha-Sport gibt es bei Rückenproblemen, Kreislaufschwankungen, bei Asthma, Rheuma und Arthrose. Doch genauso können Menschen mit psychischen Erkrankungen von einem gezielten Sportangebot profitieren. Die Lenneper Turngemeinde (LTG) hat jetzt zum ersten Mal Rehabilitationssport für psychisch Kranke in ihrem Kursprogramm etabliert. Ärzte können diesen Reha-Kursus genauso verordnen wie bei einem körperlichen Leiden.

BM-Foto: Jürgen Moll
Fachübungsleiter ist Paul Becker, der neben seinen langjährigen Erfahrungen als Fachkrankenpfleger in der Psychiatrie eine Lizenz für den Behindertensport erworben hat. In einer überschaubar großen Gruppe entdecken die Teilnehmer ihr Körpergefühl neu, gewinnen neues Selbstwertgefühl und über-winden die häufig durch Medikamente bedingte Antriebslosigkeit. „Vor allem aber möchte ich ein Gruppengefühl herstellen“, erklärt der Übungsleiter. So sind es vor allem Bewegungsspiele, die den Frauen und Männern großen Spaß machen.
Beim Fußballspiel mit einem Würfel wird gleichzeitig die Konzentration trainiert. Eine Mannschaft darf nämlich nur den Schaumstoff kicken, wenn die gewürfelte Zahl gerade ist. Das andere Team ist bei den ungeraden Zahlen an der Reihe. Beim Kreisspiel mit einem zusammen geknoteten, dicken Seil geht es darum, schnell zu reagieren. Der Spieler in der Mitte muss die anderen abschlagen. Lassen sie das Tau los, sind sie in der sicheren Zone. Trifft sie der Mitspieler, werden sie selbst zum Fänger. Die Spiele verlaufen ohne Leistungsdruck und haben nur im geringen Maße einen Wettkampfcharakter. Paul Becker gewährt immer wieder kurze Pausen zum Durchatmen, erklärt in Ruhe und ausführlich die Spielregeln und achtet sehr genau darauf, wer sich möglicherweise zurückzieht, weil er sich gewisse Dinge einfach nicht zutraut. Der Trainer möchte den Reha- Sportlern deutlich machen, dass sie in der Gruppe anerkannt sind –auch wenn sie vielleicht noch nicht so fit, schnell und wendig sind wie andere. Wesentlich für die Erkrankten ist zudem, dass die Übungsstunde in den Räumen der LTG und damit im Verein stattfindet. „Sie verlassen dazu ihr Wohnheim oder ihre Wohnung. Das ist ein erster, wichtiger Schritt wieder hinein in die Gesellschaft“, erklärt Paul Becker. Mit einer psychischen Erkrankung gehe immer ein Rückzug aus der Öffentlichkeit einher. Durch den Sport sollen die Betroffenen behutsam aus der vertrauten Umgebung und der Isolation geführt werden.
Trotzdem bietet der Rehasport den für sie so wichtigen geschützten Rahmen. „Ideal wäre es natürlich, wenn der eine oder andere Teilnehmer so viel Selbstvertrauen gewinnt, dass er sich auch für andere Vereinsangebote interessiert“, wünscht sich der Übungsleiter.
Artikel von BM
von Stefanie Bona
08.03.2012
Pressemitteilung Remscheider Generalanzeiger 25.01.2012

Foto: Michael Sieber
Bei Verletzungen des Bewegungsapparates oder bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehört der Rehabilitationssport als Behandlungsmethode längst zum Standard. Für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen hingegen wurden erst in den vergangenen Jahren vermehrt Reha-Sportangebote entwickelt.
Die Lenneper Turngemeinde (LTG) hat für diese spezielle Zielgruppe jetzt ein neues Angebot in ihr Programm aufgenommen. "Rehabilitationssport für Menschen mit psychischen Erkrankungen" heißt ein Kurs mit Paul Becker. Donnerstags zwischen 16 und 17 Uhr möchte er in der Moll'schen Fabrik in Lennep mit Spielen und Übungen dafür sorgen, dass die Teilnehmer ihr Bewegungs- und Körpererleben wieder neu entdecken.
Der 51-Jährige arbeitet als Fachkrankenpfleger im Augusta-Hardt-Heim. In der Einrichtung für psychisch Kranke holt er die Bewohner regelmäßig zusammen, um mit ihnen Sport zu treiben. Nach der Teilnahme an einem Lehrgang darf er sich inzwischen lizensierter Fachübungsleiter für Rehabilitationssport nennen.
Jetzt also kommt der LTG-Kurs noch hinzu. Eine bewusste Entscheidung, sagt Paul Becker. "Wir wollten den Teufelskreis durchbrechen und so ein Angebot nicht nur im kleinen Kreis machen, sondern damit in die Öffentlichkeit gehen. Gelebte Inklusion und Integration sozusagen."
Mit Aufwärm- und Dehnübungen beginnt der Kurs wie eine ganz "normale" Sportstunde. Und auch das Ziel ist dasselbe. "Die Teilnehmer sollen sich hinterher platt, aber zufrieden und entspannt fühlen", sagt Paul Becker. Aus Scham und Angst oder einfach, weil ihnen der Antrieb fehle, vernachlässigten viele pyschisch kranke Menschen die körperliche Ertüchtigung.
Die Methoden, Freude bei den Teilnehmern zu wecken, sind bei Paul Becker aber andere als in einem gewöhnlichen Sportkurs. Spiele mit Wettkampfcharakter fallen aus dem Raster, um das Erlebnis von Misserfolgen bei den psychisch Kranken zu vermeiden. Vielmehr geht es darum, das Selbstwertgefühl und die Motivation zu stärken sowie die Interaktion mit anderen Menschen zu fördern - hauptsächlich durch Bewegungsspiele.
"Ich ändere zwischendurch immer wieder die Regeln, wenn ich merke, dass etwas gar nicht oder besonders gut läuft", erklärt der Kursleiter, dessen Repertoire an Spielen und Übungen mit unterschiedlichen Sportgeräten nahezu endlos ist.
Besteht in medizinischer Hinsicht Beratungsbedarf bei den Teilnehmern, steht mit Dr. Bernd Heidrich vom Fachdienst Gesundheitswesen ein weiterer Experte zur Verfügung. Eine Teilnahme ist ohne LTG-Mitgliedschaft und ohne Kursgebühr möglich. Es muss lediglich ein vom Arzt bestätigtes psychisches Krankheitsbild vorliegen.