Moll'sche Fabrik - 2013 Vorstellung Neugasse
RGA 08.08.2013
Drei schwarze Maulwürfe im Familienwappen
Unsere Straße: Erinnerung an die Tuchmacher-Zeit in der Neugasse
Dort, wo heute Menschen bei Autogenem Training, Power-Chilling und Aerobic schwitzen, wurde einst Tuch hergestellt. Die Mollsche Fabrik in der Lenneper Neugasse hat eine lange und bewegte Geschichte hinter sich. Seit 2003 ist die Lenneper Turngemeinde (LTG) dort beherbergt.

Foto: Michael Sieber
"Das Gebäude bietet für uns viele Vorteile", sagt LTG-Sportmanager Ben Vieler, der seit 2006 als einziger hauptberuflicher Mitarbeiter der Turngemeinde die Fäden in der Neugasse 4 zusammenführt. Ein Vorteil sei die Geräumigkeit. Auf rund 760 Quadratmetern trainieren bei der LTG täglich Freizeitsportler in Gruppen. Es gibt zwei große Kursräume und Duschen auf jeder Etage. Alte Holzträger im Innern der Mollschen Fabrik erinnern noch heute an die ursprüngliche Bauweise des komplett renovierten Hauses. "Wir wollten zumindest Teile des alten Charmes erhalten", sagt Vieler.
1805, so lassen es Untersuchungen des Dachstuhls vermuten, wurde das Gebäude erbaut; direkt danach als Tuchfabrik genutzt. 1815 gründete dann Ferdinand Moll dort eine Wollspinnerei.
"Die Familie Moll war die älteste Tuchmacherfamilie Lenneps", erzählt Stadtführer Klaus R. Schmidt. Von den insgesamt 350 Tuchmachern, die es in Lennep einst gab, waren die Molls die ersten, die ihr Handwerk ausübten. "Die Molls kamen ursprünglich aus der Pyrenäen-Region in Spanien", erzählt Schmidt. Ursprünglich hätten sie Mölle geheißen, was man mit "Maulwurf" übersetzen kann. "Im Familienwappen waren deshalb auch drei schwarze Maulwürfe zu finden", sagt Klaus R. Schmidt.
Mit den Katalanen kamen die Molls über Belgien nach Deutschland. Im Jahr 1478 erwarb Dietrich Moll als erster "Moll" in Lennep das Bürgerrecht.
Bis 1965 wurde in der Mollschen Fabrik in der Neugasse mit Stoff gearbeitet. Die Wohn-, Kontor- und Lagerhäuser waren in direkter Nachbarschaft entstanden. Von ihnen sind die Gebäude Neugasse 2 und 8 erhalten, zwei weitere wurden inzwischen abgerissen. Nach dem Tod Ferdinand Molls führte seine Frau Anna Catharina die Geschäfte. Zuletzt gründete Albert R. Moll eine Decken- und Zeltfabrik.

Foto: Doro Siewert
"Nach Wegzug der Firma wurde die Fabrik unterschiedlich genutzt", berichtet Ben Vieler. Unter anderem waren eine Ingenieurschule und bis 1985 die Lebenshilfe in der Neugasse 4 untergebracht. Nach deren Wegzug zum Thüringsberg stand das Gebäude lange ungenutzt. "Ein Schandfleck für Lennep", erinnert sich Ben Vieler.
Nach einem Dachstuhlbrand zu Beginn der 90er Jahre entdeckte man Hölzer aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Mollsche Fabrik steht seitdem unter Denkmalschutz. Auch, weil sie als letztes erhaltenes Zeugnis der Lenneper Tuchfabrikation anzusehen ist.
Im Jahr 2001 besiegelten Stadt und Lenneper Turngemeinde die Übernahme durch einen Bauausführungs- und Nutzungsvertrag. Rund 1,3 Millionen Euro kostete der Umbau insgesamt: "Zum Großteil finanziert aus Fördergeldern", sagt Ben Vieler. Entstanden ist ein modernes Sport- und Gesundheitszentrum, das auch viel Nicht-Lenneper in ihrer Freizeit nutzen.
Bei aller Modernität setzt der Denkmalschutz dann doch beizeiten Grenzen: Als der LTG-Vorstand voriges Jahr plante, eine 100 Quadratmeter fassende Photovoltaikanlage auf dem Dach der alten Fabrik zu installieren, legten die Denkmalschützer ihr Veto ein. Begründung: Beim Überfliegen der Altstadt könnte es Reflexionen geben. Zum Ärgernis der LTG-Aktiven, die gern die Energiebilanz in der Neugasse 4 verbessert hätten.
NEUGASSE UND AUSBLICK AUF KOMMENDE WOCHE
NEUGASSE Nirgendwo sonst in Lennep ist die Tuchmacher-Zeit wohl noch so präsent wie in der Neugasse. Nicht nur die Moll'sche Fabrik, sondern auch zwei benachbarte Gebäude sind noch erhalten. Insgesamt gab es in Lennep 350 Tuchmacher, darunter die Hardts und die Wülfings. Die Molls kamen aber als erste in die Stadt.
AUSBLICK In der kommenden Woche sind wir in der Wilhelmstraße zu Gast. Wenn auch Sie uns Ihre Straße vorstellen möchten, melden Sie sich unter Tel.: 909-218.
Von Anja Carolina Siebel
Remscheider Generalanzeiger 08.08.2013